Über die Käfer Gottschees, von Prof. Otto F. Fischer, Graz, 1930


Wenn ein Käfersammler eine Gegend zum ersten Mal des Sammelns wegen besucht, so macht er sich vorher in der Phantasie ein Bild davon und ist dann entweder bei der Ankunft (oder bei der Abreise) freudig überrascht oder von der Wirklichkeit enttäuscht. Er wird sich, wenn möglich, vorher über die Natur des Gebietes bei Eingeweihten unterrichten. Gewöhnlich trifft er jedoch hierbei auf Nichtfachleute, und so erging es mir. Ich erfuhr, daß es sich um ein Karstland handle, und fand das Haupttal von üppigen Blumenwiesen, die Berghänge zum Teil von reichen Wäldern bedeckt - und doch ist es ein Karstland. Ich erwartete bei der weit südlichen Erstreckung des Gebietes eine südliche Pflanzendecke und eine dem entsprechende Kleintierwelt, etwa derjenigen der oberitalienischen Ebene oder aber Kroatiens oder Dalmatiens entsprechend oder doch stark von ihr beeinflußt.

Das Aufsuchen geeigneter Fangplätze muß zunächst erfolgen und erfordert ein Durchstreifen des Landes, bezw. ein Aufsuchen von erhöhten Punkten behufs Gewinnung einer Übersicht. Manche Käfer lieben die Trockenheit, andere, und zwar die meisten, ziehen Feuchtigkeit vor, wieder andere richtig gehende, besser gesagt stehende Wasserflächen; einige leben von frischen tierischen, viele von frischen Pflanzenstoffen, die Mehrzahl vielleicht von verwesenden.

Soweit ich einen Überblick über die Käferwelt des Gottscheer Landes erlangen konnte, möchte ich folgendes sagen: Von den Cicindeliden (Sandlaufkäfern) fand sich Cicindela silvicola Latr. in der Stammform; jedoch dürfte Cic. silvatica Linne und Cic. germanica Linne sowie Cic. hybrida Linne ebenfalls zu finden sein, das Vorkommen der beiden ersteren Arten stets auf mehr oder weniger eng umgrenzte Örtlichkeiten beschränkt.

Sehr selten scheinen die Arten der Gattung Carabus zu sein, von welchen ich nur ein Stück Car. (Procrustes) coriaceus Linne und zwar in der Stammform erhielt; vielleicht dürfte das Sammeln im Winter an geeigneten Orten eine Bereicherung der Artenzahl bringen, soweit eine solche bei der sparsamen Verteilung des Wassers zu erwarten ist. Es fand sich auch Cychrus rostratus. Reicher ist der Bestand an Carabiciden, kleineren Laufkäfern, besonders an Stellen, wo eine etwas größere Bodenfeuchtigkeit deren Fortkommen ermöglicht. Hier sind besonders zu erwähnen die Angehörigen der Gattung Bembidium, jedoch nur in Arten, welche dem mitteleuropäische Formen mir nicht vorgekommen sind, was man bei der südlichen Lage des Gebietes hätte erwarten sollen.

Ebenso fehlen jedoch auch ausgesprochen alpine Arten. An die südliche Lage erinnert lediglich ein auffälliges Mitglied der Gattung Molops, Mol. striolatus Fabricius. Für die südlichen Formen dürfte vielleicht die tiefe Einsenkung des Kulpatales eine Grenze darstellen.

Erfreulich für den Sammler ist das Vorkommen von Angehörigen der Laufkäfer-Gattung Trechus und besonders der augenlosen Untergattung Anophthalmus, welche sich in den zahlreichen Grotten findet; jedoch ergibt sich hier nicht die Vielheit der Arten, welche die angrenzenden Gebiete von Kroatien, Dalmatien, Bosnien, aber auch das nördliche Krain und Untersteiermark auszeichnen, wo fast jede Höhle eine andere Art aufweist, während sich bei Gottschee nur Tr, (Anophth.) Bilimeki Strum vorfand. Dies dürfte daraus zurück zu führen sein, daß in jenen Gebieten die Höhlen einzeln vorkommen und kaum miteinander in Verbindung stehen, während hier in Gottschee ein ganzes Labyrinth von Grotten bestanden zu haben scheint, wovon die jetzt vorhandenen spärliche Reste, die anderen eingestürzt sind. Auffällig ist mir das Nichtauffinden des zwar augentragenden, aber nur in Höhlen lebenden und die typische Höhlenfarbe aufweisenden Carabiciden Laemostenus (Antisphodrus) Schreibersi Küster. Das Verhalten auch der augenlosen Höhlenlaufkäfer bei grellem Lichte zeigt, daß sie trotz fehlens der Augen doch lichtempfindlich sind.

Das von den Laufkäfern im allgemeinen Gesagte gilt auch von den Schwimmkäfern, welche nur Laufkäfer darstellen, deren Laufbeine zu Schwimmbeinen umgebildet sind; diese Tiere sind daher in erhöhtem Maße an das Wasser gebunden und haben daher im Gottscheer Lande, wo wenige stehende Wasserflächen sich befinden, keine geeigneten Daseinsbedingungen in größerer Zahl von Örtlichkeiten; wo diese sich zeigen, stellen sich gleich Wasserkäfer ein. z. B. im Hirisbrunnen Agabus bipustulatus Linne und Hydroporus latus Steph.

Staphyliniden (Kurzflügler, Raubkäfer) sind nicht sehr zahlreich, was wohl auf die Trockenheit des Gebietes zurück zu führen ist. Die Arten entsprechen fast durchwegs dem mitteleuropäischen Formenkreise; eine Ausnahme machen das augenlose, Höhlen bewohnende Lathrobium (Glyptomerus) cavicola Müll., ein ausgesprochenes Karst- bezw. Grottentier, und die zwar mit Augen ausgestattete, aber ein spezifisches Höhlentier darstellende kleine Atheta spelaea Erichson. Hier wären auch die einer verwandten Familie angehörenden augenlosen Höhlensylphiden (Aaskäfer) Astagobius (Leptoderus) angustatus F. und Propus (Parapropus) sericeus F. Schmidt zu erwähnen, ebenso der ebenfalls der verwandten Familie der Pfelaphyden zugehörige augenlose Bythinus (Machaerites) spelaeus Mill.

Sind die bisher genannten Käfergruppen, mit Ausnahme der Trockenheit liebenden Sandlaufkäfer, an eine gewisse, bei den Bembidien und Trechen ziemlich große Feuchtigkeit gebunden, daher, wiederum mit Ausnahme der Sandlaufkäfer, nur nachts ihrem Erwerb nachgehend und tagsüber unter Steinen, Holzstämmen, dichtem Laub oder in Höhlen, bezw. im Wasser zu finden, was mit ihrer Ernährungsweise von tierischen oder faulenden Stoffen zusammenhängt, so ändert sich das Bild, wenn man die Phytophagen, Pflanzenfresser, im engeren Sinne, die sich von frischen Pflanzen nähren, ins Auge faßt. Von denen schwirrt es überall, wo Pflanzen und besonders Blüten locken. Wenn die zuerst genannten Käfergruppen an Arten und Anzahl bescheiden sind, so sind die Phytophagen umso zahlreicher sowohl hinsichtlich der Artenzahl als auch der Vertreter der einzelnen Arten; auch erfreuen sie durch Formen- und Farbenreichtum und manche von ihnen könnten würdig befunden werden, einer Königin als Busennadel zu dienen. Das gesagte trifft besonders zu für die Gruppen der Curambyciden (Bockkäfer), Elateriden (Schnellkäfer, Schmiede), wovon Athous angulifrons zu erwähnen ist, ebenso die Buprestiden (Prachtkäfer), hiervon Dicerca alni Fisch., Oedemeriden (Schmalböcke), Mordelliden (Stachelkäfer, Purzelkäfer), Chrysomeliden (Blattkäfer), Cetoniden (Rosenkäfer, Goldkäfer), Canthariden (Weichkäfer, Soldaten) und Coccinelliden (Frauenkäfer), welche beiden letzten Gruppen allerdings z. T. kannibalischen Neigungen frönen. Jedoch enthalten auch diese Gruppen hauptsächlich mitteleuropäische Formen, wenn sie auch vereinzelt südliche Arten aufweisen.

Im ganzen kann man sagen, daß der Käferfreund im Gottscheer Land bei dem meist heiteren Himmel reiche Beute finden und aus den äußerst zahlreichen Grotten viel des Bemerkenswerten heimtragen kann und gern wiederkehren wird, zumal die Veröffentlichungen der letzten Jahrzehnte erwiesen haben, daß auch im mitteleuropäischen Faunengebiete noch viel Neues zu finden ist, kaum weil es vorher nicht da war, sondern weil es sich bisher der Beobachtung entzogen hatte und z. B. überall die Gewinnung von Kleinkäfern durch Sieben, besonders aber das Studium der Ameisengäste aus der Käferwelt durch Untersuchung von Ameisennestern noch fast gar nicht versucht wurde, weil eben das Gottscheer Land noch viel zu wenig durchforscht und daher der Liebe des Forschers würdig ist.

Prof. Otto F. Fischer, "Jubiläums - Festbuch der Gottscheer 600 Jahrfeier 1930"







Der "Bilch", Siebenschläfer

Der Siebenschläfer wird 16 cm lang, 13 cm mißt der Schwanz. Sein Verbreitungsgebiet reicht von den Pyrenäen bis nach Turkestan, vom Mittelgebirge in Deutschland bis nach Sizilien und Griechenland. Er meidet das Randgebiet der Nord- und Ostsee. Nach England wurde er eingeführt. Er gehört zu den Tieren, die dem Namen nach weit besser
bekannt sind als von Gestalt und Aussehen. Wer sich mit der frühen Geschichte beschäftigt hat, der kennt diese Schlafmaus als besonderen Liebling der Römer, die für seine Hege und Pflege viel taten. Eichen- und Buchenhain (Glirarium) umgab man mit glatten Mauern, an denen die Siebenschläfer nicht emporklettern konnten. Innerhalb
eines solchen Revieres legten die Römer Höhlen an zum Nisten und Schlafen für die Siebenschläfer. Mit Eicheln und Kastanien fütterte man die Bilche an, um sie zuletzt in irdenen Gefäßen oder Fässern, "Dolium" genannt (bei Ausgrabungen in England / Verulamium (St. Albans), fand man ein solches Siebenschläfer-Dolium), noch besonders zu mästen.



"Bilch", Siebenschläfer, Myoxus glis


Wie uns die Ausgrabungen in Herculaneum gezeigt haben, war das zur letzten Mästung bestimmte Dolium ein kleines, halbkugeliges, oben mit einem engen Gitter geschlossene Schale. In ihnen sperrte man mehrere Siebenschläfer zusammen und versah sie im Überfluß mit Nahrung. Nach der Mästung kam der Braten als eines der leckersten Gerichte auf die Tafeln der Schlemmer.

Der Siebenschläfer bewohnt am liebsten trockene Eichen- und Buchenwaldungen. Den Tag über hält er sich verborgen in hohlen Bäumen, Baumlöchern und in Erdlöchern. Gegen Abend kommt er aus seinem Versteck hervor, streift umher, sucht sich seine Nahrung, kehrt während der Nacht ab und zu in seinen Schlupfwinkel zurück, um zu verdauen und auszuruhen. Bei seinen nächtlichen Ausflügen zeigt er sich als ein lebhafter, behender Bursche, der gewandt auf den Bäumen oder an Felsenwänden umherklettert.

Wenige Nager dürften dem Bilch an Gefräßigkeit gleichkommen. Er frißt, solange er nur fressen kann. Eicheln,
Bucheckern, Haselnüsse bilden seine Hauptnahrung, Walnüsse, Kastanien, süßes und saftiges Obst sucht er sich
ebenso gern. Er verzehrt auch jedes kleinere Tier, plündert Nester und würgt junge Vögel ab. Auf seinen
Nahrungszügen setzt er sich beinahe jede Minute einmal nach Eichhörnchenart auf das Hinterteil und führt etwas mit den Vorderpfoten zum Mund. Beständig hört man das Knacken von Nüssen, die er zerbricht, oder das Fallen von
ausgefressenen Früchten, die er herabwirft. Gegen den Herbst hin strotzt er von Fett, frißt aber noch so lange wie
möglich. In rauhen Gebirgsgegenden fällt er im August, in der wärmeren Ebene erst gegen Oktober in tiefen Schlaf.

Im Freien erwacht der Bilch erst sehr spät im Frühjahr, selten vor Ende April. Somit dauert sein Winterschlaf sieben
Monate lang. Er führt darum seinen Namen mit gutem Recht.

Baummarder, Iltisse, Wildkatzen, Wiesel und Eulen sind seine Verfolger. Wenn er auch selbst gegen die stärksten
Feinde mit viel Mut sich wehrt, wütend nach ihnen beißt und sogar die schwachen Krallen bei der Verteidigung zu Hilfe nimmt: Er muß ihnen doch erliegen. Dort, wo der Siebenschläfer sehr zahlreich vorkommt, wird er weggefangen, indem man Hanfkörner in einen Kasten mit Falltür wirft. Sobald man an den unter Obstbäumen liegenden zerbissenen Früchten das Vorhandensein eines Siebenschläfers festgestellt hat, richtet man den Schlag fängisch. Unser Bilch geht dem Hanf nach, wirft den Schlag ein und ergibt sich der Gefangenschaft. Er schläft, anstatt den Kastendeckel aufzuheben. Auch gräbt man teilweise mit Obst gefüllte Fässer in die Erde, die oben ein Rohr als Zugang haben, in dem Eisendrähte so befestigt werden, daß sie wohl das Hineinschlüpfen, nicht aber das Herauskommen des Siebenschläfers gestatten. Hier fangen sich die Tiere oft in so großer Menge, daß mancher Jäger im Herbst 200 bis 400 Stück erbeuten kann.

Der Siebenschläfer wird selten in Gefangenschaft gehalten. Sein Wesen ist nicht gerade munter. Er befindet sich
fortwährend in gereizter Stimmung, befreundet sich nicht mit seinem Pfleger und knurrt in schnarchender Weise jeden wütend an, der ihm näher kommt. Wenn jemand ihn ungeschickt anfaßt, beißt er sofort zu und zeigt damit an, daß er sich keineswegs stören lassen will. Nachts springt er unruhig im Käfig umher. Er muß sorgfältig gepflegt und reichlich gefüttert werden, damit er sich nicht durch den Käfig nagt oder einen und den anderen seiner Gefährten auffrißt.

Eine alte Bauernregel sagt: ”Ist Siebenschläfer Regentag, so regnet´s vierzig Tag danach.” Im Kalender finden wir
Siebenschläfer am 27. Juni. Vielfach wird angenommen, daß diese alte Wetterregel mit dem Siebenschläfer, dem Tier, etwas zu tun hat. Das ist jedoch nicht der Fall, sondern es handelt sich um eine katholische Heiligenlegende. Daher auch die Siebenschläferkapelle im Rottal, die keineswegs der Bilchverehrung dient.

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